Was will der Autor uns sagen? Im Deutschunterricht früher oft gehört, Klausuren dazu geschrieben, um den Grundstein einer Analyse zu erlernen – die Deutung. Nach dem rund einstündigen Lesen von „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“, einer Erzählung und Parabel, komme ich bei der Beantwortung nur allmählich weiter, insofern ich überhaupt vorankomme.
Alles spielt sich in Paris ab. Der pubertierende Junge, Moses, mit jüdischen Wurzeln, begegnet dem alten Kolonialwarenhändler Ibrahim. Dieser führt in einer jüdischen Straße – eher ungewöhnlich – als Moslem einen Laden, wird „der Araber“ genannt, weil er von acht bis 24Uhr geöffnet hat. Zwar kennen sich beide schon seit geraumer Zeit, kamen jedoch nie länger ins Gespräch, stattdessen mopst Moses nur einige Dosen aus Ibrahims Geschäft.
Irgendwann bauen beide eine Beziehung zueinander auf. Der weise Ibrahim hilft Moses (von Ibrahim Momo genannt) beim Erwachsenwerden und der Entwicklung, rezitiert den Koran, macht ihm diesen schmackhaft, adoptiert ihn später als Moses Vater Selbstmord begeht und nimmt ihn dann auf seine letzte Reise in die Heimat mit.
Was bleibt also haften? Die wertvollen Tipps, dass es keine Schande sei, in einem Alter von elf Jahren die ersten sexuellen Erfahrungen bei leichten Damen zu sammeln. Dass es sinnvoller und erfolgreicher sei, mit einem (falschen) Lächeln durch die Welt zu ziehen, als mit verbitterten Gesichtszügen. Dass Religion und Alter kein Hemmnis für Freundschaft bedeute. Eine Einführung in den Sufismus und wie die Verarbeitung mit der problematischen ersten Liebe gelöst werden kann:
»Deine Liebe zu ihr gehört dir. Die kann dir keiner nehmen. Auch wenn sie sie nicht annimmt, kann sie daran nichts ändern. Ihr entgeht nur was, das ist alles. Was du verschenkst, Momo, bleibt immer dein Eigen; was du behältst, ist für immer verloren!« (S. 57)
„Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ ist völlig hanebüchen und daneben. Ein Kind, das den Suizid seines Vaters einfach so hinnimmt – zeugt von Primitivität. Die Bemühung Nächstenliebe in einem philosophischen Ansatz propagieren zu wollen, die (Groß-)Vater Ibrahim lehrt, geht daneben. Zwischen den Zeilen lässt sich nichts Wertvolles an Weisheiten und Erkenntnissen für mich finden. Aber vermutlich bin ich das „was will der Autor uns sagen?“ irgendwie falsch angegangen, bei der großen Lobhudelei für dieses kleine Stück!
Ich hab nur den Film gesehen, erinnere mich aber auch daran, dass ich etwas ratlos zurückblieb und den Hype nicht kapiert hab. Und über irgendwas hab ich mich auch aufgeregt – war es das Frauenbild? Bin mir nicht sicher, ob „Was will der Autor damit sagen?“ immer die beste Frage ist, die man an ein Buch stellen kann – aber es spricht ja nicht eben fürs Buch, wenn nichts als Fragezeichen übrig bleiben. Wie schade.
Vermutlich hast du Recht, die Fragestellung „was will der Autor uns sagen?“ mag vielleicht ein wenig irreführend formuliert sein, ist aber als Einsetzung in meinen Augen bei gesonderten literarischen Gattungen wie eben der Parabel legitim. Ansonsten gehe ich eben derartig auch nicht immer an Werke, sondern überlasse es ihnen, was ich danach mitnehme. Schmitts Erzählung ist ja mittlerweile Schullektüre, deswegen auch dieser Verweis 🙂
Habe mir nach dem Lesen den Trailer des Films angeschaut und sofort feststellen müssen, dass er wesentlich besser eine Atmosphäre schafft als das Buch. Insofern vielleicht gar besser die filmische Umsetzung rezipiert zu haben!